Heute gibts mal wieder ein paar Natur-Impressionen. Dieses Jahr führte mich mein Urlaub nach Unterlüß. Was ich zunächst als kleines Dorf einordnete, entpuppte sich als Gemeinde mit einem achtgleisigen Bahnhof. Diese Tatsache bekamen auch meine Ohren zu spüren. Doch war der Urlaub in der Lüneburger Heide vor allem eines: Eine Wohltat für die Sinne.
Ich hatte eine Ferienwohnung gebucht, die mitten im Lüßwald lag. Das klang spannend und ich stellte mich bereits darauf ein, die eine oder andere Nacht auch mal auf dem Balkon schlafen zu können, um den Klängen des Waldes zu lauschen.
Doch packte ich meinen Schlafsack nicht aus, denn es waren vor allem Klänge der Deutschen Bahn, die ich zu hören bekam. Das Haus lag zwar idyllisch im Wald, die Vermieterin war sehr nett und die Unterkunft ganz schön. Doch führte an ihrem Haus in etwa fünfzig Metern Entfernung die Bahnstrecke Hannover-Hamburg vorbei.
Selbst mit geschlossenem Fenster konnte man vor allem den rasenden ICE oder die vielen knatternden Güterzüge in der Nacht sehr gut hören.
Anfangs fiel mir das Einschlafen schwer. Dann jedoch stellte ich mir schließlich vor, das Rauschen der Züge stamme von den Wellen der Nordsee, das Quietschen der Bremsen sei in Wirklichkeit das Kreischen der Möwen.
Und das half natürlich nicht wirklich gegen den Lärm, wohl aber gegen die Anspannung, die mir die Geräusche bereiteten. Zum Glück hatte ich meinen MP3-Player dabei und hörte so lange Musik, bis ich schließlich einschlief.
Doch genug des Negativen. Denn die Lüneburger Heide hat so viele tolle Naturschätze zu bieten. Gleichzeitig trifft man dort auf ziemlich nette Menschen, historische Zeugnisse, Jakobs-Pilger und giftige Schlangen.
Aber der Reihe nach…
Sonntag reiste ich an und wir machten einen Spaziergang durch den Lüßwald nahe von Unterlüß. Wir erkundeten die Gemeinde, die praktisch nur aus einer Durchgangsstraße und wenigen Seitenstraßen besteht. Man kann also zwei Kilometer laufen, um Unterlüß von einem zum anderen Ende zu durchqueren. So orientierten wir uns, suchten eine Bäckerei und einen Supermarkt, um uns am nächsten Tag versorgen zu können…
Montag – Mahnung und Meißendorf
Der erste Tag führte uns nach Bergen-Belsen zur Gedenkstätte des Konzentrationslagers. Das war eine bedrückende Erfahrung, die mich aber zugleich bekräftigte, mich weiterhin gegen rechte Hetze einzusetzen. Wir besuchten das Grab von Anne Frank. Das heißt, wir besuchten einen Grabstein: Anne Frank bekam wie die anderen zehntausenden Toten des Lagers natürlich kein eigenes Grab. Die Menschen wurden in einem der Massengräber verscharrt, oder sie wurden verbrannt. Keiner weiß genau, wie viele Menschen in diesem Lager inmitten einer idyllischen Natur ums Leben kamen.
Nach diesem bedrückenden Besuch führte uns die Reise weiter zu den Meißendorfer Teichen. Hier betreibt der NABU das Gut Sunder mit Info-Zentrum und hat einige Info-Tafeln installiert. In diesem Gebiet leben Fischotter, Fischtreppen wurden installiert und Bereiche renaturiert. Und der NABU bietet jede Menge Infos und Programm.
Die „echten“ Meißendorfer Teiche konnten wir leider nicht mehr erkunden. Ein Gewitter machte uns einen Strich durch die Rechnung und irgendwann war es zu spät, um zu den ausgedehnten Teichen aufzubrechen. Doch war der Besuch beim NABU Gut Sunder auch die Reise wert. Auch wenn ich kein so seltenes Tier wie den Fischotter zu Gesicht bekam. Doch es war ja erst Montag… Die Woche hielt noch einige Überraschungen parat.
Dienstag – die weite Heide
Die Misselhorner Heide lag relativ nahe bei Unterlüß, sodass wir nicht sehr weit fahren mussten, um uns die Landschaft anzuschauen. Zugleich war der sandige Pfad hin zum Tiefental Teil des Jakobus-Pilgerweges, der durch die Lüneburger Heide führt.
Ja, um einen klaren und freien Geist zu bekommen, ist der Gang durch die Heideflächen eine gute Möglichkeit. Die recht karge Landschaft mit den noch nicht blühenden Heidepflanzen… Die freien Flächen, durchsetzt mit Sandebenen und Wegen… Die Stille und Weite…
Es folgte die Fahrt in den Wachholderwald nahe Faßberg…
Während die Bundeswehr nebenan auf dem Truppenübungsplatz mit Kampfhubschraubern derart spektakuläre Manöver flog, dass man jeden Moment mit dem Aufschlag rechnete, war die Landschaft nicht weniger spektakulär.
Später gings dann noch mal kurz in einen echten Rosinenbomber nahe einer Bundeswehr-Kaserne. Dort wurde aufgrund des 70-jährigen Jubiläums der Luftbrücke nach Berlin ganz besonders für die Ausstellung geworben.
Mittwoch – Mühle, Megalithen und mehr…
Heute ging es zunächst zur Oldenloher Totenstatt. Das klingt zunächst dramatisch, ist es aber nicht. Es handelt sich hierbei um sechs Grabhügel und Megalith-Anlagen, in denen die so genannte Trichterbecherkultur vor 4.000 Jahren ihre Toten beigesetzt hat. Es sind imposante Grabanlagen, die in der Landschaft auch ein richtig toller Anblick sind.
Weiter ging es zum Zusammenfluss von Luhe und Lopau. Der sollte förmlich ein kleines Naturwunder sein. Zunächst wanderten wir auf Pfaden, vorbei an hohem Gras, einigen Wildblumen und Sträuchern. Eichen, Birken und Ahorn säumten den Weg.
An der Luhe angekommen war mir zunächst einmal nur nach einer Kühlung. Meine Füße brannten nach sieben Kilometern Wanderung, und es war ohnehin recht warm. Also: Rein in den Fluss…
Bald bekam ich Besuch und die Blauflügel-Prachtlibelle tanzte nahe der Wasseroberfläche über den Fluss. Es schien eine Art Balz-Ritual zu sein, den sie da vollführten. Ich habe gerade mal nachgelesen, dass die glubschigen Augen der Tiere jeweils aus bis zu 30.000 Einzelaugen bestehen. Zusätzlich können die Raubinsekten ihren Kopf um fast 180 Grad drehen. Ihnen entgeht also nichts auf ihren Jagd-Flügen nach Mücken und anderen Insekten.
Tolle Natur, dachte ich. Aber wo waren die seltenen Tiere, wie Fischotter & Co? Noch immer hatte ich hier keinen gesehen. Und die Vögel machten sich auch rar. Zwar hörte ich auf praktisch jeder meiner Wanderungen einen Kuckuck. Doch sah ich nur die Alleweltsvögel, wie Kohlmeisen, Spatzen, Raben, einen Greifvogel und zwei Buntspechte.
Während wir unseren Rundweg antraten, raschelte es plötzlich im Gebüsch…
Nach diesem tollen Erlebnis ging es nach Undeloh zur Kirche St. Magdalenen. Diese Kirche ist etwas Besonderes, denn sie hat einen separat stehenden, hölzernen Glockenturm. Das Kirchenschiff ist aus Feldsteinen erbaut, wobei ein Teil aus Ziegelsteinen und Fachwerk besteht.
Wie man sieht war es schon relativ spät und man konnte keine längere Tour durch die nahen Heideflächen mehr unternehmen. Für ein paar Kilometer hat es gereicht – bei der Hitze gabs aber zunächst noch ein Eis in der Teestube Undeloh.
Wir durchstreiften noch das Radenbachtal, wo wir einen Tümpel mit Teichmolch, Kaulquappen und Libellen entdeckten. Während auch hier der Kuckuck wieder rief, brannte die Sonne derart erbarmungslos, dass wir umdrehten und den Rückweg antraten.
Die Fahrt zurück nach Unterlüß dauerte über eine Stunde, sodass wir aufbrachen und den Tag bei einem guten Stück Kuchen, einem Kaffee und den vorbeirauschenden Schnellzügen der Bahn ausklingen ließen. Wir ruhten uns aus, denn morgen hatten wir einiges vor.
Es war mehr als nur eine Wanderung, es war sozusagen eine spirituelle Reise: Ja, wir wollten eine Etappe des Jakobsweges gehen.
Donnerstag – Durchhalten, Dreck-weg, Donnerwetter
Wir starteten in Bergen und zunächst schien es so, als müssten wir unseren Plan über Bord werfen. Denn wir fanden nicht mal den Weg aus der Stadt. Die Jakobsmuscheln fehlten und erst der Gang zur Kirche offenbarte uns dann auch die erste Muschel.
Die Anordnung war anfangs sehr suspekt, aber dann verstanden wir das System.
Man musste die Augen ganz genau offen halten, denn an manchen Punkten hatte man das Muschelsymbol an der Straßenlaterne kurzerhand mit einem anderen Schild weitgehend verdeckt.
Schließlich fanden wir den Weg hinaus. Der führte uns auf den Randstreifen von (zum Glück wenig befahrenen) Landstraßen. Dort gingen wir, beobachteten Kühe auf der Weide, und die Wolken am Himmel, die leider immer dunkler wurden. Es bagann zu nieseln und wir wollten schon die Aktion abbrechen. Da das Nieseln weniger wurde, es aber in der Ferne donnerte, entschlossen wir uns zunächst für die Mittagspause: Also belegtes Brötchen und Kaffeegetränk ausgepackt, mangels Bank sich ins Gras auf dem Randsteifen einer Landstraße gesetzt, nur knapp einen Hundehaufen verfehlt und rückwärts den abschüssigen, mit Gras bewachsenen Rand herunter gekullert… Wieder mühsam aufgestanden und bei starker Brise aus West das Brötchen missmutig in den Mund gestopft. Das war ja eine Pilger-Erfahrung…
Frust machte sich breit und ehrlich gesagt, ich war drauf und dran diese Erfahrung in der Kategorie „dann halt nicht“ zu verbuchen, zum Auto zurück zu laufen und woanders hin zu fahren. Doch irgendwie keimte in mir auch der Gedanke auf, dass der Weg einen fordert. So sagt man zumindest… Der Weg fordert die Schwächen und eine meiner größten Schwächen ist die Ungeduld, und der Trotz, den sie nach sich zieht…
Also irgendwie zeigte dieser Weg durchaus die Wirkung, die er zeigen sollte.
Ich entschloss mich, die Bandbreite meiner Erfahrungen um eine „dann halt eben doch!“-Kategorie zu erweitern. Wir gingen weiter, das Wetter wurde ein wenig besser und schließlich ging mein Frustgefühl nach einigem Herumnörgeln immer weiter zurück. Ja, ich entschloss mich sogar, mich nach positiven Reizen umzuschauen. Und ich fand sie…
Schließlich erreichten wir unser Ziel und taten auch noch etwas für die Umwelt. Was will man mehr…?
Nach dieser anstrengenden Strecke ruhten wir uns für den nächsten Tag aus. Denn auch hier hatten wir eine weitere Tour geplant. Sie sollte ins Pietz-Moor führen. Und dieses Reiseziel sollte der absolute Höhepunkt des Urlaubs werden.
Freitag – fahren, freuen, frische Kraft
Die Fahrt zum Moor war relativ weit. Es liegt bei Schneverdingen und eine genaue Ausschilderung war nicht erkennbar. Also suchte ich im Navi nach irgendeiner Anschrift, die das Wörtchen „Pietz“ im Namen hatte. Es wurde ein Hof angezeigt, der den gleichen Namen trug und so fuhren wir in die Richtung. Vor Ort suchten wir dann ein wenig, bis wir schließlich doch Hinweisschilder fanden. Und schon konnte das Abenteuer beginnen.
Der Rundweg ums Moor herum lässt einen so viel entdecken, dass das den Rahmen dieses Beitrags sprengen würde. Daher nur einige Impressionen…
Moor wächst pro Jahr einen Millimeter. Das Pietzmoor ist 6-7 Meter dick. Das bedeutet, dieses Moor wuchs bereits in der Späteiszeit. Funde belegen, dass Jäger ganz in der Nähe des Moores 4.000 v. Chr. ihre Lager aufgeschlagen hatten. 3.000 v. Chr. begannen Menschen, kleine Waldstücke abzuholzen und zu roden, um in der Lüneburger Heide siedeln zu können. Aus jener Zeit zeugen auch die Hügelgräber in der Region. Um 1.500 v. Chr. begannen die Menschen damit, Wälder immer weiter aufzulichten, um Landwirtschaft zu betreiben. Es entstanden die Zwergstrauchheiden.
375 bis 500 n.Chr. war die Zeit der Völkerwanderungen. In diesem Zeitraum eroberte der Wald das Gebiet wieder zurück. Menschen siedelten hier nicht. Erst danach begannen sie wieder, den Wald zurückzuerobern. Es folgten die Heideflächen und Moore, die man trockenlegte und verfeuerte. Lebensräume wurden zerstört.
Doch diese Zeit ist nicht vorüber, die Moore sind nicht sicher: Auch heute werden sie in vielen Regionen noch trockengelegt, um Landwirtschaftsflächen einzurichten. Torf wird gestochen und verbrannt. Und nicht zuletzt landet er jedes Jahr in Millionen von Gärten, in Form von Blumenerde. Also: Immer auf torffreie Erde zurückgreifen!
Mit dem Ausflug in das Pietzer Moor endet auch mein Urlaubsbericht. Ich hoffe, er hat euch gefallen, war nicht zu lang und ihr habt Lust bekommen, die Lüneburger Heide zu bereisen. Ich jedenfalls bin froh, dass ich auch diese Region besucht habe.
Moore sind nicht nur Juewelen der Natur, Rückzugsräume für viele Arten und Traumziele für Hobby-Fotografen. Sie sind Kohlenstoffspeicher und es ist enorm wichtig, dass sie erhalten werden. Daher habe ich eine „Moorschutzaktie“ erworben. – Auch zur Kompensation der An- und Durchreise per PKW. Dabei zahlt man 23 Euro für die Kompensation einer Tonne CO2 und das Geld wird investiert, um Moorfläche zu schützen oder wieder herzustellen.
Mehr dazu gibt es auch auf der Website www.verein-naturschutzpark.de
sehr viele schöne impressionen eurer reise! die makroaufnahmen der insekten gefallen mir auch sehr. die libelle im flug, toll. das leuchten des käfers. klasse. das kunstwerk mit der katze ist wirklich allerliebst. 🙂 schön auch, dass du dich selbst zeigst. gutes weiterreisen euch. schöne pfingsten.
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Vielen lieben Dank für den Kommentar. Es freut mich sehr, dass Dir mein kleiner Bericht aus der Heide gefällt. Bis ich die Libelle mit der Kamera scharf erwischt hatte, verging einige Zeit. Aber wenn ich fotografiere, versinke ich ein Stück weit in dieser Welt, vergesse die Zeit – und treibe damit meine Begleiter fast in den Wahnsinn… 😉 Leider ist der Urlaub schon wieder vorüber, aber ich habe bereits etwas neues in Planung: Tagestouren im Sommer, vielleicht ins Bliesgau. Mal schauen was sich ergibt… Die Lüneburger Heide ist jedenfalls eine Reise wert.
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[…] Moore verschwinden zugunsten von Acker- und Bauland. Und mit jeder Packung torfhaltiger Gartenerde sorgen […]
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[…] Hier kann man mit einer Zahlung die eigenen Emissionen praktisch „ausgleichen“, denn man schützt mit seinem Geld ein Stück Moor, das ein wirkungsvoller Kohlenstoffspeicher ist. Durch seine Spende hilft man bei seiner Pflege und der Neuschaffung durch Renaturierung. Gleichzeitig trägt man natürlich auch noch zum Artenschutz bei, denn es ist verblüffend, welche pflanzliche und tierische Vielfalt ein Moor zu bieten hat. […]
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[…] war ich unterwegs zur einzigen Heidefläche in Rheinhessen. Letztes Jahr hatte ich bereits die Lüneburger Heide besucht, war begeistert, und da dachte ich mir: Das schau ich mir an. Ich wanderte die Hiwweltour – […]
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[…] Doch das hielt mich nicht davon ab, die blühende Heide zu besuchen. Bisher hatte ich sie weder in Norddeutschland noch auf der rheinhessischen Hiwweltour blühen sehen. Das war jetzt die Gelegenheit. Und die Hitze […]
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