Ein Teich ist auch nur ein Mensch

Zwei Mann, ein Spaten, eine Schippe, eine Schubkarre, Unmengen Erde. Schweißgebadet graben sie sich Hieb um Hieb in steinigen Boden. Sie arbeiten sich immer weiter vor, damit das Loch groß genug wird. Groß genug, um gleich mehrere Menschen in sich aufnehmen zu können. Fünf Meter lang, vier Meter breit, und ordentlich tief…
Die Nachbarn schauen schon, Passanten werfen vom Grasweg, der am Garten vorbeiführt, einen kritischen Blick. Ich nehme es wahr, doch mir ist es egal. Es ist Mittag, die Sonne brennt mir auf den Kopf und ich verfluche, dass ich ausgerechnet hier gegraben habe, anstatt mir ein schattigeres Plätzchen zu suchen. Doch dann mache ich mir klar: Ein Teich braucht nun mal Sonne!

Der Teich muss außerdem so groß werden, und auch 1,20 m tief. Und er besteht aus mehr als nur einem Loch, Folie, Wasser und Pflanzen.

Ich bin ganz froh, dass sich an diesem Platz, an dem ich grabe, bereits zuvor ein Teich befand. Den hatte ich dort vor etwa 20 Jahren angelegt. Er hatte lange Zeit Fröschen, Molchen, Libellen und anderen Tieren einen Lebensraum geboten.
Doch er hatte mindestens zwei Schwachpunkte:

Er beherbergte Schilf, das sich explosionsartig ausbreitet, sehr schwer zu entfernen ist und zur Verlandung des Teiches führt. Andere Pflanzen wurden rigoros verdrängt und starben ab, was dem Teich nicht gut tat.

Und er hatte irgendwo ein Leck, sodass regelmäßig etwa 20 Prozent des Wassers fehlten. Das führte in den Sommermonaten dazu, dass ich nachfüllen musste. Und mangels Alternative nutzte ich Oberflächenwasser. Das wiederum trug Nährstoffe in den Teich – und sicher auch ordentliche Mengen an Pestiziden und anderen Umweltgiften, die sich im Oberflächenwasser anreichern.

Auch dies tat dem Teich und seiner Wasserqualität nicht gut, was er mit einem gewissen „Geruch“ und Trübung monierte.

Alles neu macht der Mai…

Im Mai startete ich also mein Projekt „Teichbau die Zweite“ und räumte das alte Gewässer aus. Dabei stieß ich auf drei Teichmolche und einige Libellenlarven, die ich sicher in einen anderen geeigneten Teich evakuierte.

Der evakuierte Molch
Der evakuierte Molch

Den derb riechenden Schlamm des Teichs brachte ich unter meinen Himbeer- und Stachelbeersträuchern aus, was diese nun mit massenhaften Früchten honorieren.
Die Folie schnitt ich in Teile, da sie sehr spröde und daher nur schwer aus dem Loch zu entfernen war.

Ein Teich ist auch nur ein Mensch?

Die These klingt gewagt, doch irgendwie kam sie mir in den Sinn, als ich mir noch einmal über den Bau des Teiches Gedanken gemacht habe. Vielleicht war sie ein Stück der schwülen Hitze geschuldet, doch irgendwie steckt in ihr ein Fünkchen Wahrheit:

Ein Naturteich benötigt einige Komponenten, damit er funktioniert, und sein Ökosystem dauerhaft ins Gleichgewicht kommt. Und das ist ja beim Menschen nicht anders.

Das Skelett

Zunächst musste ich einmal genau abstecken, wo sich welche Teichzone befinden würde. Mein alter Teich glich in seiner Form eher einem Krater. Die tiefste Stelle lag zwar bei einem Meter, doch hatte sie nur einen Durchmesser von 30 Zentimetern.
Das musste sich ändern!

Ein Naturteich benötigt drei Zonen.

Die Tiefenzone soll zwischen einem Meter und 50 Zentimetern liegen und etwa 25 Prozent der gesamten Teichfläche beanspruchen.

Die Flachwasserzone, die zwischen 50 und 20 Zentimeter Tiefe aufweist, deckt idealerweise 35 Prozent der Teichfläche ab.

Die Sumpfzone, die 20 bis 0 Zentimeter tief ist, sollte 40 Prozent beanspruchen.

Dies auszumessen war etwas kompliziert, aber es funktionierte. Nun hieß es kräftig und hartnäckig graben, Steine aus dem Weg räumen und eine natürliche Form schaffen. Alles sollte rund werden und naturnah wirken. Ein wenig erinnerte mich dies ans Modellieren beim Töpfern. Auch deshalb, da die Erde teils lehmig und entsprechend widerspenstig war.

Während diesen Feinarbeiten fielen Unmengen Erde an, die wir irgendwann wegschaffen mussten. Zum Glück hatte ein Nachbar ein Hochbeet geplant, für das er Erde brauchte. Und der Grasweg vorm Garten wies einige Schlaglöcher auf. So wurden wir einiges an Erde los.

Nach schweißtreibender Arbeit war die Form schließlich geschaffen, das Skelett fertiggestellt.

Schier an diesem Tag wurden die bestellten Teichpflanzen geliefert, was etwas mehr Motivation – um nicht zu sagen Nachdruck – für die Teichbaupläne auslöste. Denn die Pflanzen stellte ich zwar in eine Schüssel mit Wasser, damit sie die Wartezeit überstanden. Doch so lange konnte ich sie nicht in dieser Situation belassen. Es tat ihnen sichtlich nicht gut.

Da ich vorwiegend einheimische Pflanzen einsetzen wollte, habe ich diese online bei www.naturagart.de bestellt, denn ich konnte sie mangels Auswahl nicht im Baumarkt oder anderswo vor Ort kaufen. Naturagart kenne ich außerdem von früher, hatte dort schon einmal Pflanzen bestellt und war mit der Qualität sehr zufrieden.

Die Haut

Nun hieß es, dem Teich so schnell wie möglich eine Haut zu geben. Nachdem wir alle spitzen Steine, Glasscherben und sonstiges aus der Grube entfernt hatten, ging es darum, für die eigentliche Haut noch einen Puffer einzubauen. Der bestand aus großen Mengen Sand.

Da sich der Rhein in der Nähe befindet, konnten wir einige Anhänger voll von einem Rheinsand-Anbieter kaufen und brachten sie in den Garten. Nun füllten wir eine 10-Zentimeter dicke Schicht in den Bereich der Tiefwasserzone und fuhren mit der Flachwasserzone fort. Auch die Sumpfzone erhielt eine Sandschicht. Was allerdings etwas schwierig war:
Denn der Sand blieb natürlich an den fast waagerechten Übergängen zwischen den Zonen nicht haften. Also kamen Stücke der alten Teichfolie zum Einsatz, die wir dann hochkant in die Grube legten.

Dann ging es um die eigentliche Haut, nämlich die Teichfolie.
Um zunächst einmal die Größe zu bestimmen, legte ich eine Kordel in die Grube und maß Breite wie Länge. Ich achtete darauf, dass die Kordel auch die einzelnen Ebenen komplett abdeckte. So kam ich auf die benötigten Maße und rundete sie auf 8 x 8 Meter auf (mit 50 Zentimetern zusätzlichem Rand in der Breite und der Länge)

Dann brachen wir auf in den Baumarkt und wählten mit der PVC-Folie ein günstiges aber auch bewährtes Produkt. Zur Sicherheit nahm ich die Version mit einem Millimeter Stärke und verkniff es mir, bei 0,5 Millimetern die Hälfte des Preises zu sparen. – Und dann vielleicht in zwei Jahren den Teich wieder auszuräumen, da er Leck geschlagen ist…

Eine Folie von acht mal acht Metern, mit einem Millimeter Stärke, hat ein relativ hohes Gewicht. Genau genommen ist sie bleischwer und im Baumarkt rollte man sie auf eine Länge von etwa zwei Metern zusammen, hievte sie auf eine Europalette. Diese hob man dann in unseren PKW-Anhänger. Und nun konnten wir sehen, was wir damit machten…

Da die Rolle noch einmal mittig geknickt war, versuchten wir einen Trick: Wir stellten den Schubkarren dicht an den Anhänger, der etwa die gleiche Höhe hat. Dann zogen wir die Europalette bis zum Rand, klappten die eine Seite der Folienrolle hoch und ließen sie in den Schubkarren sinken. Dann wiederholten wir es mit der anderen Hälfte der Rolle und schon war die Folie transportfertig.

So ließ sich die Folie relativ einfach zur Grube bringen. Das Entfalten und Auslegen dieser riesigen Kunststofffolie dagegen war dann noch einmal mit Schweiß treibender Arbeit verbunden. Doch nach etwa einer Stunde lag sie schließlich in der Grube.

Der Darm

Beim menschlichen Körper ist der Darm dafür da Nährstoffe aufzunehmen, und beinhaltet eine ganze Flora an Bakterien. Ähnlich ist es beim Teich: Hier findet das bakterielle Leben im Teichschlamm statt und auch anderes Getier tummelt sich dort. Frösche und Molche finden hier Unterschlupf, ebenso Käfer und Libellenlarven. Auch die Pflanzen treiben ihre Wurzeln in den Teichgrund, finden Halt und Nährstoffe.
Daher ist es wichtig, hier eine dicke Schicht einzubringen. Man kann eine Mischung aus Sand und Lehm verwenden. Doch da ich keinen puren Lehm parat hatte, reichte auch der Sand.
Diesen brachte ich wieder zehn Zentimeter dick in die Tiefenzone ein, ebenso auf den (leider durch die hochkant eingebrachte Teichfolie etwas verschwundenen) Terrassen. Überall, wo es mir möglich erschien, schuf ich eine Sandschicht.

Torf, der oft in Teicherde enthalten ist, sollte man übrigens besser meiden wo immer es geht, da der Torfabbau wichtige und einzigartige Lebensräume in Form von Hochmooren zerstört.
Und nährstoffhaltige Erde (wie Mutterboden aus dem Garten oder gar Blumenerde) darf keinesfalls in einen Teich gelangen!

Als ich nun alles aufgefüllt hatte, war es endlich soweit:

Lunge, Leber, Nieren

Zeit die Filtrierer, Reiniger und Sauerstoffproduzenten in den Teich einzubringen. Endlich konnte ich die bestellten Pflanzen aus ihrer Warteposition befreien.

Pflanzen wie die Wasserpest, die Wasserfeder, der Wasserschlauch und andere Unterwasserarten sind extrem wichtig. Sie bauen Nährstoffe ab, was der Wasserqualität sehr zugute kommt. Außerdem produzieren sie Sauerstoff, was natürlich enorm wichtig ist für den Teich. Auch sorgen sie dafür, dass schädliche Stoffe aufgenommen und abgebaut werden. Sie habe ich in der Tiefenzone aber auch im Flachwasserbereich verteilt.

Insbesondere die Krebsschere ist zudem eine wichtige Pflanze für einen Naturteich, da sie sich positiv auf die Wasserqualität auswirkt. Zugleich hat sie eine verblüffende Eigenschaft: Je nach Bedarf lässt sie sich nach unten sinken, oder steigt bis an die Oberfläche. Sie wird nicht fest eingepflanzt, sondern treibt durchs Wasser. In ihrer Form erinnert sie an die Spitze einer Ananas.

Die Seekanne sitzt in der Tiefwasserzone, wächst bis zur Wasseroberfläche und bildet hier einen schwimmenden Teppich an Blättern und wunderschönen Blüten.

Schön sind auch die violetten Blüten des Teichsalbeis, den ich noch aus dem alten Teich retten konnte und der ein Paradies für Hummeln und Bienen zu sein scheint. Die herrlich duftende Wasserminze wächst wie der Teichsalbei in der Sumpfzone. Auch habe ich den so genannten Fiberklee in meinen Teich gepflanzt. Hierbei handelt es sich sogar um eine alte einheimische Heilpflanze, die – wie der Name schon vermuten lässt – gegen Fieber ihre Wirkung zeigt.

In der Sumpfzone haben zudem Sumpfdotterblumen, die Europäische Trollblume, das Schmalblättrige Wollgras, der Zierliche Rohrkolben, der Zwergrohrkolben, eine Sumpf-Iris und ein Blutweiderich ihren Platz gefunden. Froschbiss und Nadelsimse treiben in der Flachwasserzone ihre Wurzeln.

Bluttransfusion

Nun musste alles ganz schnell gehen. Die Pflanzen saßen auf dem Trockenen und gerade jene im Unterwasserbereich würden dies nicht sehr lange durchstehen. Daher hieß es nun kräftig Wasser aufzufüllen.
Doch es durfte nicht irgendein Wasser sein!

Oberflächenwasser mit Nährstoffen und Giften war absolut tabu. Am besten ist Regenwasser geeignet. Und wie auf Zuruf öffnete am Pfingstsonntag der Himmel die Schleusen und ließ es regnen. Zuvor hatte ich die Pflanzen noch mit Kieselsteinen abgesichert, denn sie würden sonst bei einem Starkregen ohne Befestigung zusammen mit dem Sand in die Tiefwasserzone fließen.
Ganz so stark regnete es dann zum Glück auch nicht, aber stark genug, um selbst klatschnass zu werden.

Gelbe Wegschnecke
Der Schnecke gefiel der Regen, mir weniger…

Da es jedoch so viel gar nicht regnen konnte, wie dieser Teich Wasser fasste, mussten wir in jedem Fall Wasser heran karren und es einfüllen. Aus einer Regenzisterne holten wir etwa 2000 Liter Wasser heraus. Dann war sie leer. Außerdem war es inzwischen 19 Uhr und die Unterwasserpflanzen im oberen Bereich saßen weiterhin auf dem Trockenen.

Mir blieb nichts anderes übrig, als sie wieder auszugraben und nochmal auf Warteposition zu setzen, sie in einen Becher Wasser zu stellen.
Am nächsten Tag fuhren wir dann noch einmal 2000 Liter Leitungswasser in den Garten. Nach und nach pflanzte ich die Unterwasserpflanzen wieder ein, bis der Teich voll war.

Übrigens: Ein Teichfilter oder Springbrunnen ist bei einem Naturteich absolut tabu! Die Wasserbewegung würde die verschiedenen Wasserschichten durcheinander wirbeln. Mit ihnen würden die natürlichen Temperaturen in der verschiedenen Schichten schwanken, Mikroorganismen der unterschiedlichen Zonen würden durchmisch. Alles käme aus dem Gleichgewicht!

Das Immunsystem

Nun hieß es noch, den Teich gegen Parasiten immun zu machen. Parasiten im Sinne von Wasserdieben. Dies können Bäume und Sträucher sein, die bemerken, dass man vor ihren Stämmen ein riesiges Wasserreservoir aufgestellt hat, und die sich entschließen, ihre Wurzeln in fremde Angelegenheiten zu stecken. Aber auch ein trockener Boden außerhalb des Teiches kann dazu führen, dass die Kapillarwirkung das Wasser aus dem Teich saugt.

Die beste Möglichkeit, dies zu verhindern, ist eine Kapillarsperre einzubauen. Die kann man sich wie eine Art Burggraben vorstellen. Hinter dem eigentlichen Teichufer gräbt man eine etwa 15 Zentimeter tiefe und 5 Zentimeter breite Rinne, in die man nun die Teichfolie U-förmig einlegt. Man achtet außerdem darauf, dass nach außen hin ein etwa 2 Zentimeter hoher Rand der Folie über das Erdniveau im Garten ragt. Nun füllt man diese Rinne mit Kieselsteinen auf und schon hat man den Teich gegen Wasser-Diebe gesichert.

 

OP gelungen – Patient lebt!

Nach nur zwei Wochen haben sich die Teichpflanzen sehr gut entwickelt. Und auch das erste Leben ist eingekehrt. Neben vielen Mückenlarven haben sich auch Gelbrandkäfer und Rückenschwimmer eingefunden. Ich habe eine Libelle bei der Eiablage beobachten können. Und auch bei Bienen und Wespen ist die neue Wasserstelle sehr beliebt.

Fische werde ich zunächst keine einsetzen. Wenn, dann nach 1-2 Jahren ein paar Moderlieschen, doch vorher möchte ich sehen, wie sich dieses künstliche Biotop entwickelt.

Ich bin gespannt auf die Bewohner und war auch endlich reif für die Insel.
Eine Insel für meinen Teich sollte es werden. Diese schnitt ich aus einer Wärmedämmplatte kreisrund aus, brachte drum herum einen feinmaschigen und verzinkten Draht an. Ich bohrte etwa zehn Löcher mit acht Millimetern Durchmesser von oben nach unten in die Platte und steckte dort Streifen eines Leinentuchs hindurch. Dieses nutzt genau das Prinzip, das ich mit dem Burggraben vermeiden wollte:
Jenes der Kapillarwirkung
Denn auf diese Leinenstreifen brachte ich eine etwa zehn Zentimeter dicke Schicht Torf auf (schweren Herzens) und bepflanzte sie mit Sphagnum-Moos. Durch die Leinenstücke, die etwa zehn Zentimeter ins Teichwasser ragen, und die sich mit Wasser vollsaugen, wird auch ein Austrocknen des Torfs verhindert.

Ich habe außerdem eine winterharte Variante des Sonnentaus eingesät und werde ihn auf die Insel pflanzen, sobald er gekeimt ist. Daneben warte ich noch auf die Keimung der Schlauchpflanzen Sarracenia flava und Sarracenia purpurea. Sie gehören wie der Sonnentau zu den winterharten Fleischfressenden Pflanzen und werden die Stechmücken im Zaum halten. Nicht zuletzt wird auch noch eine Moosbeere ihren Platz auf er Insel finden, sobald sie gekeimt ist.

Und nun kann bald das Froschkonzert beginnen – im Chor mit dem Hahn… 😉 Die Nachbarn wirds freuen.

 

 

 

 

4 Gedanken zu “Ein Teich ist auch nur ein Mensch

  1. Ein sehr schöner und unterhaltsamer Bericht, macht zwar keine Lust auf buddeln aber dafür um so mehr auf das Ergebnis!
    Ich freue mich auf weitere Berichte zu deinem Biotop 👍🏻

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